Recap Summer School 2024
Die dreiwöchige Summer School des Bayrisch-Indischen-Zentrumsin Hof begann mit unserer individuellen Anreise am 24. und 25. August in die indische IT- und Start-Up-Hochburg Bangalore. Diese Stadt sollte mit einer Woche unsere längste Station der Summer School sein und das kleine Hotel Urban Nest für diese aufregenden Tage unser Rückzugsort. Unser erster Programmtag startete bereits mit einem der Highlights der gesamten Reise, der Besuch einer Sikh-Gebetsstätte (auch Gurdwara genannt). Dort konnten wir nicht nur eine Art Gottesdienst mit Gesang und Gebet anschauen, sondern auch die Küche besuchen, wo von freiwilligen Helfern in riesigen Töpfen das Mittagessen zubereitet wurde. Das Konzept, dass alle Menschen, egal welcher Herkunft oder Religion, in dieser Glaubensstätte kostenlos ein warmes Essen bekommen, beeindruckte uns. Da die Woche mit einem Feiertag startete (Krishnas Geburtstag) und die Uni deshalb geschlossen war, setzten wir unser Programm mit einem Besuch im deutschen Generalkonsulat in Bangalore fort. Dort erhielten wir viele interessante Einblicke in die Aufgaben eines Konsulats, in die Arbeitsbedingungen des Auswärtigen Amts sowie ganz persönliche Eindrücke von Bangalore. Dieser bereits ereignisreiche Tag wurde durch einen Kochkurs perfekt abgerundet. Wir bereiteten ein Drei-Gänge-Menü zu, bei dem es sowohl eine vegetarische als auch eine Fleischvariante des Hauptgangs gab. Dabei lernten wir viel über verschiedene Gewürze und ihre teils heilenden Wirkungen.
Am nächsten Morgen begann dann unsere Projektarbeit an der Ramaiah University of Applied Sciences (RUAS), wo wir feierlich vom Vize-Dekan der Faculty of Management and Commerce empfangen wurden. Nach einer ausführlichen Campus-Tour wurden wir in vier unterschiedliche Projekt-Gruppen aufgeteilt, die alle einen anderen Aspekt des Themas Sustainability ausarbeiten und am Ende der Woche dazu ein Produkt pitchen sollten. In den Gruppen waren deutsche und indische Studierende gemischt, wodurch wir schnell in den Austausch mit den indischen Studis kamen und mehr über ihre Sichtweise bezüglich jeglicher Themen lernen konnten. Weiteren Input gaben die täglichen Expert-Lectures, die von Mitgliedern der Fakultät gehalten wurden. Die Woche war für viele von uns besonders lehrreich, da die kulturellen Unterschiede im Zeitverständnis, der Planung und Arbeitsweise sowie dem Umgang mit Stresssituationen deutlich zu erkennen waren. Dabei konnten wir reflektieren, dass auch unsere eigene kulturelle Prägung manchmal eine Herausforderung für unser Gegenüber darstellen kann. Was uns all die kleinen Problemchen aber vergessen ließ, war die Gastreundlichkeit, mit der uns die indischen Studierenden empfingen. Ihre Neugierde und ihr Interesse gegenüber uns und unserem Leben in Deutschland haben zu tollen Gesprächen und lustigen Bar- und Sportabenden in Bangalore geführt.
Dreimal die Woche starteten wir den Tag um sieben Uhr mit einer Yoga-Session, welche trotz des frühen Aufstehens sehr lohnenswert war. An Entspannungsmöglichkeiten neben der Projektarbeit fehlte es also nicht. Am letzten Abend unserer Projektarbeit wurden unsere mehr oder weniger erfolgreichen Pitches mit einer Farewell-Party belohnt, bei der uns eine Bollywood-Tanzeinlage vorgeführt wurde (auch einige von uns waren dabei) und wir sogar noch Uni-Merch erhielten.
Nach dieser ereignisreichen Woche wartete der nächste Stopp auf uns: Mysore, eine Stadt etwa drei Stunden von Bangalore entfernt. Unsere Reise dorthin begann mit einem beeindruckenden Kontrast: Obwohl Mysore mit seinen 800.000 Einwohnern alles andere als klein ist, wirkte es im Vergleich zu Bangalore fast schon beschaulich. Die Straßen und Märkte von Mysore boten eine lebhafte und bunte Atmosphäre, die genau dem entsprach, wie wir uns Indien vorgestellt hatten. Wir tauchten das erste Mal in eine indische Marktexperience ein, die uns mit Ständen voller Räucherstäbchen, Naturfarben, exotischen Gewürzen, Kokosnüssen und Bananen überwältigte. Ein besonderes Highlight war der Besuch des prachtvollen Mysore Palace am Nachmittag. Die Architektur, von den kunstvollen Fliesen bis hin zu den aufwendig verzierten Decken, begeisterte uns. Besonders wurde es, als der Palast in der Abenddämmerung erleuchtet wurde, begleitet von einer Elefantenprozession – die Szenerie war mehr als beeindruckend!
Unser nächstes Ziel am Folgetag war der Infosys Campus, der wie eine vollkommen andere Welt wirkte. Mit seinen breiten, leergefegten Straßen und Gebäuden, die an das Pantheon in Athen erinnerten, fühlten wir uns fernab vom etwas chaotischeren Alltag Indiens. Auf der Rückfahrt machten wir Halt bei einem jahrhundertealten ehemaligen Tempel und Akshay erzählte uns spannende Geschichten über die verschiedenen Götter und machte die indische Mythologie für uns greifbar.
Zurück in Bangalore erwarteten uns Unternehmensbesuche bei Krones aus Regensburg, dem renommierten Indian Institute of Management Bangalore (IIMB) und Siemens Healthineers. In diesem Rahmen wurde uns das Konzept des „Jugaad“ erklärt – die typisch indische Fähigkeit, kreative Lösungen für alltägliche Probleme zu finden. Es war ein toller kultureller Austausch, der all unsere bisher in Indien gemachten Erfahrungen wunderbar zusammenfasste und einordnete.
Eigentlich stand am nächsten Tag eine Zugfahrt nach Chennai auf dem Plan, doch aufgrund einer Zugverspätung mussten wir spontan mit einer Gruppe von 27 Personen fliegen. Dass sowas möglich ist, wussten wir vorher auch nicht ;) In Chennai angekommen, empfing uns das schwül-heiße Klima mit Temperaturen über 30 Grad und einer hohen Luftfeuchtigkeit, die uns ordentlich ins Schwitzen brachte. Am Abend hatten wir die Gelegenheit, uns mit einer Expat über ihren Arbeitsalltag in Chennai sowie über die Veränderungen, welche Indien in den letzten 20 Jahren erfahren hat, auszutauschen. Besonders spannend waren ihre Einblicke in das Leben als deutsche Frau in Indien. In Chennai besuchten wir außerdem den Campus des IIT-Madras, der besten Ingenieurshochschule des Landes. Mit einer ordentlichen Portion Stolz wurde uns erklärt, dass auch deutsche Ingenieure beim Aufbau beteiligt waren.
Besonders eindrucksvoll war der Beginn der Festlichkeiten zu Ganesha Chathurthi, bei denen große Statuen des Elefanten-Kopf-Gottes Ganesha die Straßen säumten. An diesem Tag erkundeten wir die Stadt auch mit einer indischen Architektin, bewunderten alte Art-Deco-Häuser und besuchten authentische, weniger wohlhabende Viertel. Am darauffolgenden Tag besuchten wir die beeindruckenden Tempelanlagen in Mahabalipuram, die seit 1985 zum UNESCO Weltkulturerbe gehören, und genossen anschließend noch Zeit am nahegelegenen Strand.
Am nächsten Morgen ging es bereits früh nach Kochi, wo uns eine kurvenreiche Busfahrt in die dichtbewaldeten Berge führte. Unterwegs machten wir Halt an einem Wasserfall und stiegen später in Kleinbusse um, da der Weg zu unserem Hotel steil und abenteuerlich war. Das Hotel selbst war traumhaft, mit einem Infinity-Pool und einem Aufenthaltsraum mit Tischtennis und anderen Spielen – perfekt, um zu entspannen.
In Munnar, das für seinen Tee bekannt ist, unternahmen wir eine Wanderung durch die Teeplantagen und besuchten im Anschluss eine Teefabrik (jetzt sind wir alle kleine Tee-Expert*innen) und einen Gewürzgarten, wo uns die heilenden Kräfte der Ayurveda-Pflanzen erklärt wurden. Munnar war wirklich ein traumhafter Aufenthalt, der die Möglichkeit bot, nicht nur dem indischen Großstadttrubel, sondern auch der Hitze für einen Augenblick zu entkommen.
Unser letzter Halt war Kochi, wo wir in einem sehr schönen Hotel mit einem Innenhof-Pool übernachteten. Gemeinsam verbrachten wir viel Zeit am Pool, spielten Wasserball und Werwolf und genossen die letzten Tage als Gruppe. Ein Highlight war die Backwatertour im Süden der Stadt. Auf einem traditionellen Hausboot fuhren wir durch die malerischen Wasserkanäle, teils natürlich, teils von Menschenhand geschaffen, und ließen uns ein Mittagessen an Bord schmecken. Den Abschluss bildete ein Besuch in einem traditionellen Theater, bei dem uns besonders die Kostüme beeindruckten. Am Abend feierten wir eine kleine Abschiedsparty im Hotel, bei der wir uns bei Olga, Akshay und Dimple mit einem umgedichteten Song für ihre 1a-Begleitung bedankten und leider auch schon verabschiedeten.
Am nächsten Tag ist ein Großteil der Gruppe abgereist, manche haben ihre Reise noch um den ein oder anderen Stopp verlängert, um entweder das Land oder die Region besser kennenzulernen.
Es war definitiv eine Reise, die uns ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird! Die drei Wochen waren sehr lehrreich und intensiv. Es sind viele Freundschaften entstanden und wir haben unglaublich viel gesehen. Gerade auch um im Anschluss mehr von Indien zu sehen, lohnt sich die Summer School als perfekter Einstieg, in Land und Kultur einzutauchen. Es ist auf alle Fälle eine Möglichkeit, eines der faszinierendsten, kontrastreichsten und herzlichsten Länder der Welt kennenzulernen.
Bericht von Orsolya Bodor und Jan Petzke